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Aktion statt Reaktion: proaktiv Kundenerlebnisse optimieren und Inbound-Kontakte sparen!

Nachdem im dritten WOCAS Praxistipp (-->WPT#03) die Value/Irritant-Matrix mit ihren vier Handlungsstrategien vorgestellt wurde, geht es hier um eine fünfte Handlungsstrategie ("Pre-empt", Proaktiv-Strategie) als Ergänzung zu den anderen vier Strategien: Anstatt auf Kundenanfragen und -probleme zu reagieren, sollen Unternehmen proaktiv handeln, um Fragen vorwegzunehmen und damit Kundenkontakte zu vermeiden. Vorausschauendes Handeln reduziert Reibungsverluste und gibt dem Kunden die Sicherheit, dass sich das Unternehmen um ihn kümmert und seinen Interessen dient.

Was ist das Problem?

Im vorigen WOCAS Praxistipp haben wir basierend auf unseren Erfahrungen gezeigt, dass die allermeisten Kontakte in der Value/Irritant-Matrix den Quadranten Eliminieren und Digitalisieren zuzuordnen sind. Eliminierungsstrategien stoppen die für das Unternehmen störenden und gleichzeitig für die Kunden ärgerlichen Effekte und lösen sie hoffentlich "ein für alle Mal". Digitalisierungsstrategien automatisieren routinemäßige Transaktionsanforderungen.

Im Gegensatz dazu erkennen Proaktiv-Strategien an, dass Dinge schief gehen und Situationen sich ändern, aber dass Organisationen diese Änderungen vorhersehen können und die Gelegenheit nutzen, Kunden zu warnen oder zu informieren.

Beispiel: Während Eliminierungsmaßnahmen verhindern, dass ein Kunde etwas bestellt, das nie auf Lager war, informiert eine vorausschauende Maßnahme den Kunden darüber, dass sich eine Bestellung aufgrund von Verzögerungen irgendwo im Prozess verspäten wird, und korrigiert so die Erwartungen des Kunden.

Unsere langjährigen internationalen Partner Bill Price und David Jaffe haben nach ihrem Bestseller "The Best Service Is No Service" in ihrem neuen Buch "The Frictionless Organisation" die Value/Irritant-Methode um die Handhabung von Proaktiv-Strategien erweitert.

Buchcover "The Frictionsless Organization: Deliver great customer experiences with less effort" von Bill Price und David Jaffe. Im Handel seit Juni 2022.

Von Inbound zu Outward

Früher war es teuer, mit Kunden in Kontakt zu treten, weil man entweder anrufen oder Briefe schicken musste. Diese Verfahren waren entweder langsam oder es konnte nicht garantiert werden, dass die Nachricht vom Kunden gelesen wird. Die Briefpost war die häufigste Form der Kommunikation in der Geschäftswelt für Dinge, die nicht sofort erledigt werden mussten, wie z. B. Rechnungen und Kontoauszüge.

Inzwischen haben Akzeptanz, Schnelligkeit und niedrige Kosten von Messaging und E-Mail enormes Potenzial der proaktiven Kontaktaufnahme freigesetzt: Nachrichten in verschiedenen Formen wie SMS, Messenger-Dienste, Push-Benachrichtigungen, automatisierte Anrufe und E-Mails sind allesamt kostengünstige, schnelle und einfache Mittel, um Kunden zu warnen und zeitnah zu informieren.

Diese Mechanismen bedeuten, dass Unternehmen von einem reaktiven "Inbound"-Kontaktmodell zu einem proaktiven "Outward"-Kontaktmodell wechseln können. Jetzt können Unternehmen proaktive Strategien einsetzen, um Kunden zu informieren, sie zum Handeln zu bewegen und ihre Erwartungen zu managen, wenn etwas schief läuft.

Proaktive Kundenansprache ist günstiger als passives Warten auf Anfragen!

Proaktive Strategien können eingesetzt werden, um den Kunden ein besseres Gefühl für die Situation zu vermitteln und die Auswirkungen auf ihn zu verringern:

  • Erwartungen bezüglich des Ausmaßes der Unannehmlichkeiten und der Wiederherstellungszeit werden gesetzt.
  • Der Kunde kann "um das Problem herum planen".
  • Interne Ressourcen werden freigesetzt, um sich mit dem Problem zu befassen, anstatt Anrufe zu bearbeiten.

Proaktiv-Strategien erfordern also ein aktives und zeitnahes Kommunikationsmanagement. Sie sind ein Gewinn für Kunde und Unternehmen, da sie kostspielige eingehende Kontakte verhindern und dem Kunden die Kontrolle überlassen.

Beispiel: Wenn das Versorgungsunternehmen seine Kunden per SMS über einen aktuellen Stromausfall informiert, hilft das den Kunden, weil es zeigt, dass das Unternehmen sich des Problems bewusst ist und daran arbeitet. So verhindert es gleichzeitig, Kundenanrufe zu erhalten.

Achtung Spam!

Die Flut von Spam und Betrugsversuchen veranlasst jedoch bereits einige Länder, diesen Mechanismus zu regulieren. Daher ist es wichtig, sie mit Bedacht und im Sinne der Kunden einzusetzen. Durch nicht gezielte Textnachrichten und Beschwerden verlieren Unternehmen an Glaubwürdigkeit und machen diese Mechanismen unwirksam.

Beispiel: Ein Investment Fund schickte seinen Kunden eine schlecht formulierte Nachricht mit einer unzureichend erläuterten Aufforderung zum Handeln. Mehr als 70 % der Empfänger der Nachricht riefen das Kontaktzentrum an, um eine Erklärung zu erhalten, und überschwemmten so den Betrieb mit Arbeit, die die Wartezeiten sprengte.

Wann und wo können wir proaktiv tätig werden?

Bill und David listen in ihrem Buch viele Situationen, in denen Proaktiv-Strategien fast immer anwendbar sind:

  • Kundenerwartungen müssen gemanagt werden, insbesondere wenn ein vereinbarter Zeitplan nicht eingehalten werden kann (z. B. verspätete Flüge oder Lieferungen).
  • Ereignisse oder Probleme, die den Kunden betreffen, sind einigen, aber nicht allen Kunden bekannt (z. B. Software-Bugs oder Systemfehler).
  • Langwierige Prozesse haben variable Zeitpläne, die der Kunde verfolgen oder verstehen möchte (z. B. Versicherungsansprüche, Kreditanträge oder Bewerbungen).
  • Kunden sollen an zukünftige Ereignisse erinnert werden (z. B. Termin-Erinnerungen).
  • Kunden könnten Fehler machen oder beeinträchtigt werden (z. B. Warnungen vor verpassten Autoservices oder auslaufenden Plänen).
  • Bestimmte Interaktionen könnten dem Kunden einen Vorteil verschaffen (z. B. Vorregistrierung für Tickets für beliebte Veranstaltungen oder frühzeitige Gesundheitsmaßnahmen).
  • Kunden sind möglicherweise nicht auf dem Laufenden, wie das Unternehmen arbeitet (z. B. neue Öffnungszeiten, neue Geschäftsbedingungen, neue Standorte oder neue Angebote).
  • Unternehmen können Kunden helfen, positive Ergebnisse zu erzielen (z. B. in Bereichen wie Gesundheit und Vermögensverwaltung).

Unternehmen jeder Größe können vorausschauend handeln. Viele kleine Gesundheitseinrichtungen wie Zahnärzte und andere Arztpraxen schicken ihren Patienten Erinnerungen für die Termineinhaltung. Dies ist eine weitere Win-Win-Situation. Die Kunden werden rechtzeitig erinnert, und die Praxis erfährt, ob es Terminlücken gibt. Ironischerweise hören Unternehmen, die in Verzug sind, oft auf zu kommunizieren, obwohl das Gegenteil sinnvoll wäre.

Zum Design vorausschauender Maßnahmen gehört auch die Wahl des richtigen Kanals oder Kanalmixes. So bieten viele Fluggesellschaften inzwischen sowohl SMS- als auch E-Mail-Benachrichtigungen bei Verspätungen an.

Da Unternehmen zunehmend über Apps und Portale mit ihren Kunden kommunizieren, können diese in Kombination mit anderen Mechanismen genutzt werden. Kunden können per E-Mail oder SMS darauf hingewiesen werden, dass Nachrichten in einer App auf sie warten, in der auch sensiblere Daten verwendet werden können. Dies verringert auch das Risiko, dass Nachrichten als Spam wahrgenommen und ignoriert werden.

Sind Proaktiv-Strategien eine Art Multi-Tool?

Proaktive Strategien werden eingesetzt, um die anderen vier Value/Irritant-Handlungsstrategien zu ergänzen:

  • als Zwischenlösung zu anderen Maßnahmen wie Eliminieren und Digitalisieren (z. B. proaktive Bereitstellung von Informationen, während andere Lösungen entwickelt und eingesetzt werden). Beispiel: Ein Unternehmen erhält viele Anrufe, wenn Bestellungen nicht innerhalb des versprochenen Zeitfensters von zwei Tagen geliefert werden. Um diese Anrufe zu vermeiden, gibt es zwei Möglichkeiten: die Erwartungen an die Lieferzeit neu zu definieren oder die gesamte Logistik- und Lieferkette zu überdenken. Beide Lösungen sind schwierig, zeitaufwändig und teuer. Eine vorübergehende Proaktiv-Strategie könnte helfen, die Erwartungen in Bezug auf Bestellungen, die die Zwei-Tage-Grenze überschreiten, zu steuern, indem der Kunde jedes Mal benachrichtigt wird, wenn dies geschieht. Dies kann helfen, ist aber keine vollständige Lösung und kann die Enttäuschung der Kunden nicht vollends beseitigen.

  • als kosteneffizientere Lösung, die ein Teilergebnis erzielt, aber kosteneffizienter sein kann als andere Aktionen.

  • als einzige Antwort auf unvermeidbare oder unplanbare Situationen. Unternehmen, die anerkennen, dass sie nicht perfekt sein können, aber dennoch versuchen, die Auswirkungen dieser Unzulänglichkeiten zu minimieren, verfügen häufig über Mechanismen zur Massenbenachrichtigung, wenn unvermeidbare Situationen auftreten. Sie nehmen sich auch die Zeit, darüber nachzudenken, wie sie ihren Kunden auch in Situationen helfen können, auf die sie keinen Einfluss haben, z. B. bei extremen Wetterereignissen oder Problemen mit Lieferanten oder Dritten.

  • als effektives Mittel zur Steuerung eines Prozesses. Hier geht es um Erwartungsmanagement bei langwierigen Prozessen. Unternehmen sollten hier versuchen, so viele proaktive Aktualisierungen wie möglich bereitzustellen, um den Kunden auf dem Laufenden zu halten und Statusabfragen zu vermeiden.

Alle Gründe für das Eliminieren oder Digitalisieren von Kontakten sollten bewertet werden, um zu sehen, ob proaktive Lösungen für eine der obigen Kategorien Anwendung finden könnten.

So kann Sie WOCAS® bei Ihren Analysen unterstützen

Als Experten am Markt mit über 15 Jahren Erfahrung in der Value/Irritant-Metode haben wir unsere Software WOCAS® so aufgebaut und über die Jahre verfeinert, dass Sie in Ihren Analysen ein Maximum an Transparenz erhalten. Die flexible und individuelle Konfiguration in WOCAS® vereinfacht Ihre Detail-Analysen und macht sie leicht umsetz- und anpassbar. Dies sorgt für eine schnelle Reaktionsfähigkeit auf Unternehmensseite und die Auswirkungen Ihrer Lösungsschritte werden sofort sichtbar.

Sreenshot der Analysen in der WOCAS-Software: "Eine direkte Zuordnung der Customer Intents zur Pre-empt-Strategie zeigt an, wie viel Potenzial für Kontaktvermeidung durch proaktive Kommunikation besteht." Daneben sieht man den Value-Irritant-Report, der das Volumen in die 5 Bereiche aufteilt: Eliminieren (Eliminate), Digitalisieren (Digitize), Vereinfachen (Streamline), Intensivieren (Leverage) und in der Mitte Vorwegnehmen (Pre-empt). Von Pre-empt ausgehend öffnet sich ein Balkendiagramm zu „Wo bleibt mein Techniker?“ Daneben der Text: „Die ursachenbezogene Detail-Analyse hilft Ihnen, Häufigkeiten zu messen und geeignete Lösungsstrategien für die jeweiligen Situationen zu bewerten.“ Die Balken des Diagramms sind jeweils mit den Ursachen für den Kontakt beschriftet und per Pfeil mit proaktiven Lösungsansätzen ergänzt. Termin noch nicht eingeplant: Aktive Info an Kunden zum Verlauf der Terminbuchung. Ist unterwegs – im Zeitrahmen: GPS-Tracking des Technikers für Kunden ermöglichen. Ist unterwegs – verspätet sich: Automatisierte Benachrichtigung, z. B. Push-Nachricht, SMS, E-Mail, etc. Termin storniert (Ersatzteil fehlt): Automatisierte Benachrichtigung über Verzögerung und nächste Schritte. Termin storniert (Kapazität): Sofortige, automatisierte Benachrichtigung plus Outbound-Call zur Termin-Neuplanung.

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